Dietmar Zöller

Ich habe einen Traum


Als ich ein Kind war, wusste ich nicht, was Träume sind!
Ich lebte in den Tag hinein, ohne zu wissen, warum ich lebte.
Als ich ein Jugendlicher war, behandelte man mich, als wäre ich geschlechtslos.
Begriffe wie Pubertät und Sexualität wurden verschwiegen.
Träume hatte ich keine, weil ich keine haben durfte, nach Meinung der Fachidioten.
Ich wurde erwachsen, aber niemand merkte es.
Ich sah meinen Bruder heranwachsen zum Mann und wunderte mich, dass ich ein Kind bleiben sollte
für alle Ewigkeiten.
Träume überschwemmten meine Gefühle, die ich nach Expertenmeinung nicht hatte.
Nun, da ich ein Mann in den besten Jahren bin – bei Autisten kommen die besten Jahre mit Verspätung
erkenne ich mit Wehmut, was ich versäumt habe. Ich träume davon, dass die, die sich für Autismuskenner hielten, einsehen,
dass ihre Wege manchmal in die Irre führten und autistischen Menschen den Weg zum Leben versperrten.
Viele traurige Autistenschicksale verfolgen mich im Traum, ach könnte ich doch ein Lernbegleiter werden für die vielen kleinen Autisten die andere Potenziale haben, als man vermutet.
Ich lebe einen Traum und verkündige leise die Botschaft,
autistische Menschen sind Personen mit einem reichen Innenleben und träumen davon, dass sie als solche wahrgenommen werden.



04.08.21

us